Trendstudie: Zukunftsfit Bauen und Wohnen, Ausgabe #7
Architektur und Bauwirtschaft profitieren mehr von weiblichen Stärken. Wenn alle Geschlechter Ihre Kompetenzen einbringen, verbessert sich das Ergebnis, wie die Praxis oft beweist.
Das Wichtigste zusammengefasst
Architektur und Bauwirtschaft profitieren mehr von weiblichen Stärken. Wenn alle Geschlechter Ihre Kompetenzen einbringen, verbessert sich das Ergebnis, wie die Praxis oft beweist. Die bessere Qualität und der kooperative Kulturwandel sorgt für Bau- und Lebensqualität gleicher maßen. Schließlich gewinnen Frauen auch langfristig finanzielle Selbstbestimmung, wenn sie Verantwortung bei einem Immobilienprojekt übernehmen. Die Auswertung von drei repräsentativen Befragungen (1.000 Personen, Online, April + August 2021, Januar 2022) zeigt, dass die Gemeinsamkeiten dominieren. Interessante Unterschiede zeigten sich in den folgenden Bereichen:
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Frauen trauen sich viele handwerkliche Arbeiten in einem ähnlichen oder sogar höheren Ausmaß zu, als Männer. Nur bei drei von elf abgefragten Arbeiten zeigen Männer signifikant mehr Selbstvertrauen als Frauen.
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Dass Mitbestimmung für Frauen relevanter als für Männer ist, sieht man bei Fragen rund um Eigenleistungen: Für 88 Prozent der Frauen spricht die Umsetzung eigener Ideen für Selberbauen (+ 9 Prozent gegenüber Männern); für 80 Prozent ist der direkte Einfluss auf die Qualität relevant (+ 11 Prozent gegenüber Männern).
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Frauen zeigen sich insgesamt aufgeschlossener gegenüber gemeinschaftlichen Bau- und Wohnprojekten. Für 59 Prozent der Frauen spricht die höhere Mitbestimmung über die Architektur für ein Gemeinschaftswohnprojekt (+8 Prozent ggü. Männern).
Strategie und Hintergründe
Selbst ist die Frau – auch am Bau
Emanzipation findet statt: Die Beteiligung von Frauen in Wirtschaft, Politik und anderen Bereichen der Gesellschaft ist höher denn je. Der Gender Pay Gap und so manche vermeintliche Männerdomäne trüben das Bild noch. Wenn es um das Planen und Bauen geht, sind Frauen stark unterrepräsentiert, sowohl als Mitarbeiterinnen und Unternehmerinnen, als auch als Kundinnen. Die aktuellen Dynamiken verändern das und sorgen für Chancen.
Frauen bringen sich stärker ein, wenn es um den Bau, Erwerb oder die Finanzierung von Immobilien geht, denn sie verdienen besser denn je.
Gleichzeitig steigen auch ihre Ansprüche an Mitbestimmung und Eigenständigkeit. Das gilt auch für die eigenen vier Wände. Weiblich konnotierte Stärken wie Kommunikationsfähigkeit und Kreativität wollen stärker denn je aktiv in die Planung, Gestaltung und Ausführung eingebracht werden. Letztendlich geht es auch um die finanzielle Unabhängigkeit, die Frauen durch ihr eigenes Immobilienprojekt gewinnen.
Frauen nehmen immer stärker das Heft in die Hand, wenn es um die eigene Immobilie geht.
Immer mehr Frauen leben als gut ausgebildete und bestens verdienende Singles. Der Immobilienerwerb als alleinstehende Frau wird häufiger. In Beziehungen wird wiederum die Verantwortung für eine eigene Immobilie stärker geteilt. Der Begriff der „Baufrau“ oder „Bauherrin“ hat sich etabliert. Dass von einer gemeinsamen Planung der Geschlechter alle profitieren, zeigen beispielsweise die Erfahrungen mit geschlechtergerechter Stadtplanung.
Befragungsergebnisse
Mitbestimmung ist wichtiger für Frauen
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Eine kostengünstige Umsetzung ist für Frauen wie Männer gleichermaßen der wichtigste Grund, beim Bauen selbst tätig zu werden.
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Für Frauen signifikant wichtiger als für Männer ist die Mitbestimmung: Für 88 Prozent der Frauen spricht die Umsetzung eigener Ideen fürs Selberbauen (9 Prozentpunkte mehr als unter Männern); für 80 Prozent ist der direkte Einfluss auf die Qualität relevant (11 Prozentpunkte mehr als unter Männern).
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Außerdem geben Frauen mit 79 Prozent in einem deutlich höheren Ausmaß als Männer an, Offenheit, etwas Neues auszuprobieren, zu haben.
Frauen trauen sich viel zu
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Frauen sind bereit, mit anzupacken. Wände verkleiden oder tapezieren traut sich fast jede Dritte zu ebenso viele wie Möbel selbst zu planen oder zu bauen.
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Acht von elf Arbeiten trauen sich Frauen in einem ähnlichen oder sogar höheren Ausmaß zu. Signifikant mehr Zutrauen zeigen Frauen, wenn es um Tapezieren, Wände verputzen oder den Zusammenbau von Selbstbau-Möbeln geht.
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Signifikant weniger Zutrauen zeigen Frauen lediglich bei Arbeiten wie Elektroinstallationen, Sanitäranlagen oder Dacharbeiten.
Gemeinsam wohnen, selber mitbestimmen
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Frauen zeigen sich insgesamt aufgeschlossener gegenüber gemeinschaftlichen Bau- und Wohnprojekten, als Männer. Bei der Hälfte der Kategorien fühlen sie sich signifikant stärker angesprochen als Männer. Umgekehrt ist das in keiner einzigen Kategorie der Fall.
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Einmal mehr ist für Frauen der Faktor „Mitbestimmung“ relevanter als für Männer: für 59 Prozent der Frauen spricht die höhere Mitbestimmung über die Architektur für ein Gemeinschaftswohnprojekt, unter Männern sind es 51 Prozent.
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Bei den wichtigsten Gründen sind sich die Geschlechter allerdings einig: eigenständiges Wohnen im Alter (83 bzw. 80 Prozent), nachbarschaftliche Unterstützung (82 bzw. 75 Prozent) und Kosteneinsparungen (78 bzw. 72 Prozent) sind für Frauen wie Männer die Top-3-Gründe für gemeinschaftliche Wohnprojekte.
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Expert/-innen der Branche gehen davon aus, dass ökologische Bauprojekte ab circa 10 Prozent Mehrkosten in der Errichtung möglich sind.
Mehr Altruismus unter Frauen
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Gute Gründe für umwelt- und klimafreundliche Charakteristika bei Immobilien sehen Frauen und Männer tendenziell ähnlich. An erster Stelle stehen mit 93 bzw. 95 Prozent die geringeren Kosten im Betrieb.
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Signifikant stärker ausgeprägt sind bei Frauen altruistische Motive wie die Verantwortung gegenüber der Natur (88 Prozent) und nachfolgenden Generationen (85 Prozent), aber auch gesundheitliche Gründe (91 Prozent).
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Für Männer signifikant wichtiger ist die Unabhängigkeit (85 Prozent), wenn beispielsweise eine eigene Strom- oder Wasserversorgung besteht.
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Expert/-innen der Branche gehen davon aus, dass ökologische Bauprojekte ab circa 10 Prozent Mehrkosten in der Errichtung möglich sind.
Good Practices
Von den Erfahrungen anderer lernen
Frauen, die ein Bauprojekt selbst in die Hand nehmen oder in Auftrag geben, sind immer noch in der Minderzahl. Da kann es guttun, von den Erfahrungen anderer Baufrauen zu profitieren – aus fachlicher Sicht, aber auch emotional.
Modebloggerin Jessie Weiß war schon länger auf der Suche nach dem Häuschen im Grünen für ihre Familie. Über den Weg einer Zwangsversteigerung wurde sie überraschend Besitzerin eines kleinen Hauses aus dem Jahr 1927. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Johan Fink teilt sie auf Instagram (maison.journelles) und in einem Podcast („Maison Journelles“) ihre fachlichen Überlegungen, ihre praktischen Erfahrungen sowie Höhen und Tiefen auf dem mitunter steinigen Weg zum bewohnbaren Familiendomizil.
Die Herstellung des neuartigen Materials basiert auf Abfällen aus der Agrar-Industrie, wie Hanf-, Flachs-, oder Mais-Rückständen. Diese werden mit Pilz-Myzelien versetzt und damit ein Prozess der Symbiose in Gang gesetzt.
Es entsteht ein neues Material, das belastbar, naturbelassen und verwertbar ist. Nach diesem Verfahren sind bisher Akkustik-Paneele und Bodenfliesen entstanden. – mogu.bio
Erfahrungen sammeln
Neues probieren viele am liebsten angeleitet und in einem geschützten Rahmen aus. Baumärkte haben das Potenzial der Heimwerkerinnen längst erkannt. Mittlerweile bieten viele Baumärkte wie Hornbach (im Bild die Woman@Work-Nacht), Kurse speziell für Frauen an. Das zeigt das Potenzial, wie viele Frauen selber zu Bohrmaschine oder Akkuschrauber greifen wollen. Wer die ersten Schritte macht, erkennt häufig, dass Bauen gar nicht so schwierig ist und bekommt Lust auf mehr.
Für Frauen geplant heißt besser geplant
Gender-gerechte Architektur ist kein Phänomen des 21. Jahrhunderts. Tatsächlich nahmen bereits Pionierinnen wie Margarete Schütte-Lihotsky auf maßgebliche Entwicklungen Rücksicht, die unsere Gesellschaft auch heute herausfordern.
Die „Frankfurter Küche“ galt 1926 als revolutionär: Die Planung sorgte für möglichst effiziente und rationelle Arbeitsabläufe und war an den Bedürfnissen der viel beschäftigten Frau ausgerichtet. Ihr sollte der Alltag erleichtert werden. Gleichzeitig war die Ausgestaltung kompakt und kostengünstig gehalten, sodass die Küche für den breiten Einsatz im urbanen Wohnbau mit knapp bemessenen Mitteln möglich war. Die Planung gilt als Muster und Vorbild für Konzepte heutiger kompakter, urbaner Architektur.
Expertentipps
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Mansplaining selbstbewusst begegnen: Auch im Jahr 2022 ist die Baubranche noch eine männerdominierte Domäne. Wer dort als Frau einsteigt, wird nicht selten mit altklugen Weisheiten und Mansplaining konfrontiert. Dabei besteht doch ein gemeinsames Ziel: die Fertigstellung eines Bauvorhabens. Zuweilen braucht es starke Nerven, Durchsetzungskraft und Geduld. Das motiviert auch die Teilnehmer/-innen meiner Kurse, in denen es um Unabhängigkeit geht: niemanden fragen müssen, sich keine Blöße geben und sich nicht von oben herab behandeln lassen.
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Aufs Bauchgefühl achten: In der ersten Bauphase, der Planung, ist es besonders wichtig, auf das eigene Bauchgefühl zu hören. Stellen Sie sich die folgenden Fragen: Fühle ich mich mit den Verantwortlichen auf meiner Baustelle wohl? Habe ich das Gefühl, dass dieser Mensch versteht, was ich will? Habe ich das Gefühl, dass es für diesen Menschen auch wichtig ist, dass das Ergebnis gut wird? Wenn das nicht passt, muss frau den Mut haben, einen Schritt zurückzugehen – und sich nicht aus Verzweiflung oder Angst, keinen anderen Handwerker zu bekommen, dazu verleiten lassen, das Vorhaben durchzudrücken.
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Weibliche Stärken gefragt: Zwei Stärken, die Frauen nachgesagt werden, helfen auf der Baustelle enorm: Zum einen Kommunikationsstärke – Das Nachfragen und die Vernetzung der einzelnen Gewerke: „Der Elektriker macht dies und jenes. Beeinträchtigt das Deine Arbeit?“ Männer sind häufiger geneigt zu warten, bis etwas passiert und suchen dann eine Lösung. Zum anderen stellen Frauen häufiger emotionale Verbindungen her. Der Handwerker spürt, hier geht es um mich als Mensch, und nicht bloß als Arbeitskraft. Das schlägt sich in einer besseren Leistung nieder. Es ist also wichtig, sich auf die eigenen Stärken zu verlassen und diese zielführend einzusetzen.
Über diese Studie
Die eigene Wohnung, das eigene Haus – das ist der Lebenstraum vieler Menschen. Aber die Umstände ändern sich oft schneller als der erste Grundriss. Lebensplanung braucht Flexibilität. Jeder, der ein Haus baut oder eine Wohnung kauft, kennt das. Damit es uns gut geht, sollten wir das neue Zuhause mit Rücksicht auf Umwelt und Gesellschaft bauen. Und schließlich sollen die eigenen vier Wände Freiheit bringen. Es gibt viele Punkte, auf die man achten muss.
Deshalb stellt der unabhängige Immobilienkreditvermittler Baufi24 im Rahmen der Trendstudie „Zukunftsfit Bauen und Wohnen“ in insgesamt sieben Ausgaben Trends, Bedürfnisse und Strategien für die Zukunft vor. Denn vorausschauend zu bauen und zu wohnen bedeutet eine höhere Lebensqualität für sich selbst und mehr Freude an den eigenen Entscheidungen. Zudem ist es nachhaltig für Gesellschaft und Umwelt. Einen Überblick über alle Studien finden Sie hier: Baufi24 Studien.