Zusammenfassung
Immer mehr Menschen in Deutschland stellen sich die Frage, wo sie in Zukunft leben wollen – in der Stadt, am Stadtrand oder auf dem Land? Ein zentraler Grund dafür liegt in den gestiegenen Kosten fürs Wohnen, insbesondere in Innenstadtlagen. Dies und weitere Treiber wie Ökologie (Nähe zur Natur), Digitalisierung oder der soziodemografische Wandel führen dazu, dass sich die Wohnpräferenzen der Deutschen dynamisch verändern. Der Verlierer dieses Trends sind die Innenstädte. Die Gewinner sind Lagen im Grünen, im Dorf oder Stadtrandlagen.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:
- Die Bezahlbarkeit von Wohnraum ist für 75 Prozent der befragten deutschen Haushalte ein wesentlicher Faktor, die eigene Wohnsituation neu zu bewerten. In Innenstädten ist mittlerweile jeder vierte private Haushalt überbelastet.
- Die größte Wohnzufriedenheit herrscht auf dem Dorf bzw. im Grünen (76 Prozent). Das liegt nicht nur an den geringeren Wohnkosten, sondern auch dem zunehmenden Naturbewusstsein. So ist 85 Prozent der Kaufinteressenten die Nähe zur Natur bei der Neubewertung des Wohnstandortes wichtig.
- Einer hohen Umzugsbereitschaft (43 Prozent), stehen Hürden wie ein Mangel an passenden alternativen Wohnflächen entgegen.
Bezahlbarkeit von Wohnraum als Treiber des Wandels
Jeder vierte Innenstadt-Haushalt ist überbelastet
Die Neubewertung der Wohnsituation ist ein sich wiederholender, dynamischer Entscheidungsprozess. Aktuell ist für diesen Prozess die Bezahlbarkeit des Wohnens der wichtigste Treiber. So geben 75 Prozent der befragten Haushalte an, dass die eigene finanzielle Situation eine Rolle dabei spielt, die Wohnsituation zu überdenken.
Die Studie zeigt außerdem, dass in Innenstädten mittlerweile jeder Vierte der befragten Haushalte (25 Prozent) mehr als 40 Prozent des Haushaltsnettohaushaltseinkommens fürs Wohnen ausgibt. Ab diesem Niveau gelten Haushalte als überbelastet. Wer dagegen im Grünen oder auf dem Dorf lebt, muss weit weniger fürs Wohnen bezahlen. Hier liegt die Quote bei der Überbelastung nur bei 10 Prozent.
Wohnzufriedenheit
Land schlägt Stadt
Die Studiendaten zeigen einen starken Zusammenhang zwischen dem aktuellen Wohnstandort und der Wohnzufriedenheit. So weisen Haushalte, die aktuell im Grünen oder auf dem Dorf leben, die höchste Wohnzufriedenheit auf (76 Prozent). Doch je stärker es in Richtung Zentrumsnähe geht, umso mehr nimmt die Zufriedenheit ab. So sind nur noch 62 Prozent der Haushalte an, die in Innenstädten leben, glücklich mit ihrer Wohnsituation.
Die hohen Zufriedenheitswerte auf dem Land resultieren nicht nur aus den geringeren Wohnkosten dort. Auch das zunehmende Umweltbewusstsein spielt hinsichtlich der Wohnortwahl eine wichtige Rolle. So geben 68 Prozent der privaten Haushalte sowie 85 Prozent der Kaufinteressenten an, dass die Nähe zur Natur und die damit verbundene Erholungsqualität die Bewertung ihrer Wohnsituation beeinflusst. Zudem führt der Ausbau der digitalen Infrastruktur im ländlichen Raum dazu, dass Standortnachteile reduziert werden.
Umzugsbereitschaft
Fast jeder zweite Haushalt denkt über einen Umzug nach
Über alle Lagen hinweg, planen 43 Prozent der Befragten aufgrund der Neubewertung ihrer Lebensverhältnisse in den nächsten Jahren einen Umzug. Am höchsten ist die Umzugsbereitschaft in den Innenstädten. Hier will jeder zweite Haushalt in den nächsten Jahren die aktuelle Immobilie verlassen (54 Prozent). Auf dem Land fällt diese Quote mit 33 Prozent deutlich geringer aus.
Umzugshürden
Es mangelt an passenden alternativen Wohnflächen
Zwar weisen die befragten Haushalte eine hohe Bereitschaft zur Änderung ihrer
aktuellen Wohnsituation auf. Allerdings gibt es vielfältige Umzugshürden, die Menschen daran hindern, ihre aktuelle Immobilie aufzugeben. Die größte Sorge ist, eine alternative zu den eigenen Bedürfnissen passende Wohnfläche zu finden (61 Prozent). Aber auch eine fehlende Wirtschaftlichkeit (51 Prozent) oder ein etwaiger Verlust des sozialen Umfelds (46 Prozent) halten eine hohe Zahl von Haushalten von einem Umzug ab.
Schlussfolgerungen
Wohnungspolitisches Umdenken gefordert
Die Studie zeigt deutlich, dass ein Leben auf dem Land für viele Menschen in Deutschland an Attraktivität gewonnen hat. Ein wichtiger Grund für dieses Umdenken liegt darin, dass ein Stadtleben für zahlreiche Haushalte nicht mehr erschwinglich ist. Die Umzugsbereitschaft ist generell hoch, wird allerdings durch unterschiedliche Hürden ausgebremst. In der Konsequenz verbleiben viele Menschen in für sie und ihre Lebensphase unpassende Wohnungen. Zur Erreichung einer effizienteren Allokation von Wohnfläche sollte die Politik den Abbau von bürokratischen Hürden beim Umzug daher zwingend forcieren. Zudem sollte der Fokus des wohnpolitischen Handelns, der in der Vergangenheit primär auf Großstädte ausgerichtet war, aufgrund der aktuellen Bewegungen stärker auf den ländlichen Raum gerückt werden.
Die Wanderbewegung raus aufs Land eröffnet aber auch Chancen. Zum einen, weil der Zuzug von Menschen in periphere Gebiete zu einer Abkühlung der heiß gelaufenen innerstädtischen Immobilienmärkte führen kann. Zum anderen hilft eine ‚Zurück in die Natur‘-Bewegung den Bevölkerungsrückgang in ländlichen Regionen zu stoppen.“
Über diese Studie: Ökologische Nachhaltigkeit als Treiber der Transformation des Wohnens in Deutschland
Impressum
4289 Darmstadt
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E-Mail: office-bwl9@bwl.tu-darmstadt.de
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Prof. Dr. Andreas Pfnür, Yassien Bachtal (Projektleitung), Kyra Voll, Felix Gauger
Bitte gern, aber verwenden Sie hierzu nicht diese Kurzfassung, sondern den vollständigen Ergebnisbericht: Andreas Pfnür, Yassien Bachtal, Kyra Voll und Felix Gauger (2022): Ökologische Nachhaltigkeit als Treiber der Transformation des Wohnens in Deutschland – Empirische Studie bei Eigentümern und Kauf-aspiranten. In: Andreas Pfnür (Hrsg.), Arbeitspapiere zur immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis, Band Nr. 45, Technische Universität Darmstadt.