Management Summary
Die ökologische Nachhaltigkeit ist eines der wichtigsten Themen der heutigen Zeit. Im Bereich des Wohnens sind die Hauptursachen für Veränderungswünsche das wachsende Umweltbewusstsein einerseits und die ständig steigenden Kosten andererseits. In der aktuellen Studie zeigen sich, verstärkt durch die neue Energiekrise mit ihrer Notwendigkeit der Einsparung von Energie und dem eingeschränkten Handlungsspielraum, weitere Dimensionen des Umweltbewusstseins wie auch des Kostendrucks.
Das Wichtigste zusammengefasst
Um dem gestiegenen Umweltbewusstsein gerecht zu werden und dem zunehmendem Kostendruck entgegenzuwirken, reagieren private Haushalte mit Anpassungen ihrer Wohnsituation, die sich in dieser Studie durch vier Maßnahmen zeigen: Die Möglichkeiten der ökologischen Optimierung im Bauprozess, die ökologische Optimierung der technischen Gebäudeausstattung, die Rückbesinnung auf traditionelle, naturnahe Wohnsituationen und der langfristig effiziente und flexible Flächeneinsatz.
Private Haushalte sehen einen Ausweg aus dem Spannungsfeld zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und Kostendruck des Wohnens in einer gesteigerter Energiesouveränität ihrerseits, das bedeutet vor allem, wenig Energie beziehen zu müssen.
Hintergrund und Studienaufbau
Ordnung der Studie im Forschungsprogramm
Befragungsergebnisse
Treiber 1: Gestiegenes Umweltbewusstsein
Gestiegenes Umweltbewusstsein forciert ökologische Nachhaltigkeit der künftigen Wohnsituation. Das Bewusstsein für die Umwelt ist massiv in der deutschen Bevölkerung angekommen und die Tendenz ist steigend. Dies hat auch Konsequenzen für die Wohnungswirtschaft im Allgemeinen und für die Wohnsituation der privaten Haushalte im Detail.
Treiber 2: Zunehmender Kostendruck
Steigende Energiekosten, Ressourcenverknappung und steigende Wohnkosten wirken massiv auf die Wohnsituation der privaten Haushalte und führen zu einem Anpassungsdruck. Die Evaluation der Ergebnisse zeigt für die Einflussstärke der Strukturwandeltreiber auf die Wohnsituation der privaten Haushalte, dass die steigenden Energiekosten (Mittelwert: 5,7), die zunehmende Verknappung von Ressourcen (Mittelwert: 5,1) und die Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz (Mittelwert : 5,0), sowie die Ausweitung des Einsatzes erneuerbarer Energie (Mittelwert: 4,9) für die ausschließlich zu den handlungsrelevanten Strukturwandeltreibern zählen. Ein weiterer relevanter Aspekt des zunehmenden Kostendrucks liegt in den steigenden Wohnkosten begründet. Schon heute geben über 40% der entsprechend an, dass sie mehr als ein Drittel ihres Nettohaushaltseinkommens für Wohnen ausgeben.
Strukturierung der Stichproben: Die Befragungsteilnehmenden im Detail und deren Cluster
Die Befragungsteilnehmenden haben viele unterschiedliche Demografika. Im Rahmen der Studie sollte mit dem Ziel, Unterschiede in Bezug auf die Transformation ihrer Wohnungsanforderungen aufgrund von gestiegener Nachhaltigkeit zu erkennen, die Frage geklärt Werden, welche Motivation für die privaten Haushalte am wichtigsten ist. Dazu wurden die Stichproben auf Subgruppen hin untersucht, wobei die Entscheidung auf Basis der Treiber am eindeutigsten ist.
zeichnen sich aus durch:
– durchschnittlich 40,53 Jahre (ältestes Cluster)
– 46,8% sind verheiratet
– ein durchschnittliches monatliches Netto-Haushaltseinkommen von 3.000 € – 4.000 €
– ein Drittel von diesem Cluster lebt im Grünen, gerade einmal 7% in der Innenstadt
– 95% leben in Ein-, Mehrfamilienhäusern oder Doppelhaushälften
– ein hohes Maß an Relevanz, in Zukunft wenig Energie (fremd) zu beziehen
– einen Antrieb durch hohes Umweltbewusstsein, möglichst steigende Energiekosten und Ressourcenverknappung
zeichnen sich aus durch:
– durchschnittlich 38,37 Jahre
– 1 /3 sind ledig und 2/3 in Partnerschaften (verheiratet oder Beziehung)
– das ergibt niedrigste monatliche Netto-Haushaltseinkommen
– 31,94% des durchschnittlichen Netto-Haushaltseinkommens im Monat gefallen für Wohnen an
– über die Hälfte von ihnen leben am Stadtrand oder im Grünen
– knapp 80% leben in Ein oder Mehrfamilienhäusern
– einen gegenüber den anderen Variablen sehr stark eingeschätzten Einfluss der steigenden Energiekosten
zeichnen sich aus durch:
– durchschnittlich 34,49 Jahre (jüngstes Cluster)
– 37% sind ledig
– durchschnittlich 2,75 Personen pro Haushalt
– durchschnittlich 0,6 Kinder
– die Hälfte von diesem Cluster lebt zentrumsnah, die andere Hälfte außerhalb der Städte
– einen als gering empfundenen Einfluss der steigenden Energiekosten und der zunehmenden Verknappung von Ressourcen
Maßnahme 1: Möglichkeiten ökologischer Optimierung im Bauprozess
Bauprozess der Zukunft im Spannungsfeld zwischen industrieller Vorfertigung und Regionalität. Es wird deutlich, dass die privaten Haushalte in Deutschland bereits im Bauprozess Maßnahmen ergreifen möchten, um umweltbewusst und kostengünstig zu wohnen. Die überwiegende Mehrheit der Befragungsteilnehmer*innen könnte sich in Zukunft vorstellen, industriell vorgefertigte Immobilien zu beziehen. Ihr Gedanke, dass solch standardisierte bzw. Qualitative Produkte schon zu Beginn des Lebenszyklus einer Immobilie sterben Weichen für umweltbewusstes und kostengünstiges Wohnen stellen, wird im Sinne der Wirtschaftlichkeit erst in der Zukunft überprüfbar Werden. Des Weiteren tendieren viele Befragte dazu, zukünftig verstärkt auf regionale Baumaterialien zurückzugreifen. Gestörte Lieferketten und der Russland-Ukraine-Konflikt könnten diesen Wunsch nach Regionalität in Zukunft weiter vorantreiben, um globale Abhängigkeitsverhältnisse zu vermeiden.
Die bisherige politische Strategie der Wärmewende fokussiert eine Verbesserung der ökologischen Qualität der Gebäude. Während in den vergangenen Jahren durch private Haushalte wenig Gebrauch davon gemacht wurde, weil die Durchsetzung aufgrund unwirtschaftlicher Investitionen gering war, ist jetzt ein weit überwiegender Anteil der Befragten dazu bereit. Zukünftig könnte die Strategie somit erreichbar werden.
Maßnahme 2: Ökologische Optimierung der technischen Gebäudeausstattung
Nachfrage nach verbesserter technischer Gebäudeausstattung steigt
Die Maßnahme der ökologischen Optimierung der technischen Gebäudeausstattung bietet aus Sicht der privaten Haushalte die Möglichkeit, sowohl den zunehmenden Kosten zu begegnen, als auch das gestiegene Umweltbewusstsein zu bedienen. Das Ergebnis offenbart eine Möglichkeit zur Steigerung der Investmentbereitschaft. Insbesondere bei denjenigen, die derzeit die technische Ausstattung der Immobilie als weniger gut empfinden, aber noch unentschlossen über ein zukünftiges Investment in Solaranlagen, Wärmepumpen und Stromspeicher sind, obwohl sie dafür auch eine hohe Zustimmung aufweisen (Cluster „die mit anderen Prioritäten“).
Maßnahme 3: Stärkere Naturnähe der Wohnsituation
Natürliche Umwelt zunehmend prägend für Wohnsituation der Zukunft
Maßnahme 4: Langfristig effizienter und flexibler Flächeneinsatz
Flächeneffizienz als überraschend wirkungsvoll wahr-genommenes Instrument privater Haushalte zur Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit
Ausgehend von einem hohen Anteil an Befragten (38 %), die angeben, dass sie derzeit weitaus mehr Platz zu Hause haben als sie benötigen, ist es den Befragten in Zukunft vor allem wichtig die vorhandenen Flächen effektiv zu nutzen. Die Wichtigkeit der effektiven Flächennutzung begründet sich vor allem aus der zunehmenden Verknappung von Ressourcen und den steigenden Energiekosten. Um diese Effektivität der Flächen zu gewährleisten, wird die Flexibilität des Grundrisses immer wichtiger. Auch lebenszyklusgerechtes Wohnen nimmt zukünftig für die privaten Haushalte an Relevanz zu. Nahm die Pro-Kopf-Wohnfläche trotz einer Zunahme von Ein-Personenhaushalten in den letzten Jahren zu (Umweltbundesamt, 2021), könnte der Megatrend der ökologischen Nachhaltigkeit diese Bewegung kippen. Wichtiger als die reine Quadratmeteranzahl wird zukünftig Flächeneffektivität, Flexibilität der Grundrisse und eine sich den Lebensphasen anpassbare Wohnimmobilie. Mit Hilfe dieser Instrumente erhoffen sich die privaten Haushalte Wohnkosten einzusparen.
Trendwende in Richtung Energiesouveränität
Grundsätzlich geht es den privaten Haushalten um die gleichzeitige Verbesserung der ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeit ihrer Wohnsituation. In beiden Dimensionen der Nachhaltigkeit wird die Erreichung der individuellen Mindestanforderungen zunehmend herausfordernd. Der zukünftige Transformationsprozess hin zu einer stärkeren Nachhaltigkeit des Wohnens wird deshalb besonders von Maßnahmen geprägt sein, die ein Maximum an Nachhaltigkeit zu bezahlbaren Kosten ermöglichen. Um die Maßnahmen umsetzen zu können, ist eine Investmentbereitschaft seitens der Immobiliennutzer notwendig. Rund 69 % der Befragten sind bereit, einen zusätzlichen Betrag ihrer Investitionssumme für umweltbewusstes Wohnen zu investieren.
Implikationen der Studienergebnisse
Zusammengefasst ergeben sich aus den empirischen Ergebnissen folgende Implikationen:
Aktuelle Wohnsituation
Ergänzend zu einer Reihe demografischer Angaben sollten die Teilnehmenden Fragen zum Standort der Immobilie, sowie deren Ausstattung beantworten.
Zufriedenheit mit der Wohnsituation und Änderungswünsche
Übergreifend geben 83 % der Befragten an mit ihrer Wohnsituation zufrieden zu sein, besonders mit dem Standort und der Wohnform. Die Eigentümer*innen sind dabei gegenüber den Kaufaspirant*innen deutlich zufriedener mit ihrer Wohnsituation. Änderungswünsche geben die Befragten bei der Wirtschaftlichkeit der Immobilie, bei der Ausstattung und bei den planerischen Aspekten an. Die Ergebnisse werden nach den fünf weiteren Studien relevant, da erst dann vielschichtige Aussagen getroffen werden können, aber davon unberührt bleibt die Erkenntnis über bereits massive Auswirkungen ökologischer Nachhaltigkeit auf die Transformation des Wohnens in Deutschland.
Über diese Studie: Ökologische Nachhaltigkeit als Treiber der Transformation des Wohnens in Deutschland
Download der Studie
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Prof. Dr. Andreas Pfnür, Yassien Bachtal (Projektleitung), Kyra Voll, Felix Gauger
Bitte gern, aber verwenden Sie hierzu nicht diese Kurzfassung, sondern den vollständigen Ergebnisbericht: Andreas Pfnür, Yassien Bachtal, Kyra Voll und Felix Gauger (2022): Ökologische Nachhaltigkeit als Trei-ber der Transformation des Wohnens in Deutschland – Empirische Studie bei Eigentümern und Kauf-aspiranten. In: Andreas Pfnür (Hrsg.), Arbeitspapiere zur immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis, Band Nr. 45, Technische Universität Darmstadt.