Wie staatliche Interventionen das Wohnen verändern

Mitherausgeber: Technischen Universität Darmstadt und Baufi24 Baufinanzierung GmbH

Zusammenfassung

Auf kaum einem anderen Markt ist der Staat so aktiv wie auf dem Wohnmarkt. Ihm kommt bei der Verbesserung der Wohnsituation der privaten Haushalte eine zentrale Rolle zu. Der Staat kann dabei über unterschiedliche politische Handlungsfelder – direkt und indirekt – Einfluss auf die persönliche Wohnsituation nehmen. Häufig entfalten die staatlichen Maßnahmen allerdings nicht die gewünschte Wirkung oder werden von den privaten Haushalten sogar als kontraproduktiv wahrgenommen. Das zeigt, dass ein Umdenken in der Wohnungspolitik ist erforderlich ist.

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

  • 57 Prozent der Befragten sind der Meinung, in ihrer Wohnsituation in mindestens einer Dimension von staatlichem Handeln beeinflusst zu werden.
  • Jedoch sind 52 Prozent der befragten Haushalte der Meinung, dass die staatlichen Eingriffe nicht zur Erfüllung der Wohnziele beitragen oder sie sogar behindern.
  • Bestehende Defizite machen ein Überdenken der aktuellen wohnungspolitischen Maßnahmen notwendig. Gezielte Förderungen und Entlastungen könnten helfen, die Situation am Immobilienmarkt zu entspannen.

Einfluss des Staats auf die Wohnsituation

Die Mehrheit der privaten Haushalte fühlt sich von staatlichen Maßnahmen beeinflusst

Eine Mehrheit der privaten Haushalte – 57 Prozent der Befragten – gibt an, in ihrer Wohnsituation in mindestens einer Dimension von staatlichem Handeln beeinflusst zu werden. Außerdem geben 11 Prozent an, in allen vier Dimensionen – Wohnort, Wohneigentumsverhältnisse, Wohnfläche und Wohnausstattung – von staatlichen Maßnahmen beeinflusst zu werden. Was den Punkt Wohneigentumsbildung betrifft, erklären 62 Prozent, von staatlichen Maßnahmen beeinflusst zu werden.

Studie TU Darmstadt

Relevante Einflusskriterien

Lohnentwicklung, Zinsentwicklung und Immobilienpreisentwicklung als Hauptfaktoren für eine Investitionsentscheidung

Aus der Umfrage geht hervor, dass Investitionsentscheidungen der privaten Haushalte oftmals von Faktoren abhängen, die der Staat nur indirekt beeinflussen kann, die also außerhalb direkter wohnpolitischer Maßnahmen liegen. So sehen 76 Prozent der privaten Haushalte die eigene Lohnentwicklung als Kriterium für eine Investitionsentscheidung an. Die Zinsentwicklung wiederum wird von 75 Prozent der Umfrageteilnehmer als relevant eingeschätzt. Um die privaten Haushalte bei der Verwirklichung ihrer Wohnwünsche zu unterstützen, wären also entsprechende finanz-, konjunktur- und sozialpolitische Maßnahmen vonnöten. Als wichtiges Entscheidungskriterium hinsichtlich des Erwerbs von Wohneigentum wird auch die Entwicklung der Immobilienpreise erachtet. Hier kann der Staat mit wohnungspolitischen Maßnahmen wie der Förderung des sozialen Wohnungsbaus gegensteuern.

Studie TU Darmstadt

Nutzen staatlicher Maßnahmen

Mehr als die Hälfte der privaten Haushalte erachtet staatliche Maßnahmen als nicht hilfreich oder gar kontraproduktiv

Zwei von drei Befragten gehen davon aus, dass sich das staatliche Handeln zukünftig weiter intensivieren wird und dass die staatliche Einflussnahme auf die Wohnsituation weiter zunehmen wird. Der steigende Einfluss des Staates auf die Wohnsituation der privaten Haushalte steht im Widerspruch zur erzielten Wirkung der staatlichen Interventionen. Lediglich 21 Prozent der Befragten glauben, dass staatliche Eingriffe ihnen helfen, die gewünschte Wohnsituation herzustellen. Dagegen geben 52 Prozent an, dass die staatlichen Eingriffe nicht zur Erfüllung der Wohnziele beitragen oder diese sogar behindern. Differenziert man die Analyse nach Eigentümern und Kaufinteressenten zeigt sich, dass Kaufinteressenten das staatliche Handeln im Vergleich zu Eigentümern deutlich positiver wahrnehmen.

Studie TU Darmstadt

Koordination staatlicher Maßnahmen

Für eine Mehrheit mangelt es an Abstimmung

58 Prozent der privaten Haushalte sind der Meinung, dass die politischen Instanzen (EU, Bund, Länder und Kommunen) nicht aufeinander abgestimmt sind. Für eine effektive und ganzheitliche Wohnungspolitik müssen die wohnpolitischen Akteure auf allerdings eng zusammenarbeiten.

Studie TU Darmstadt

Schlussfolgerungen

Der Staat steht in der Pflicht

Die Studie zeigt, dass sich staatliche Eingriffe am Wohnungsmarkt oftmals als ineffizient herausstellen und zu selten die gewünschte Wirkung entfalten. Angesichts der durch die Umfrage aufgedeckten Defizite müssen sich die Verantwortlichen in der Politik die Frage gefallen lassen, ob nicht ein grundsätzliches wohnungspolitisches Umdenken notwendig ist. Beispiele wären eine Senkung oder gar ein Verzicht der Grunderwerbssteuer beim Ersterwerb. Auch eine Vereinfachung der baurechtlichen Prozesse kann einen positiven Beitrag leisten. Zudem sollte die eigene Immobilie als wichtiger Bestandteil der Altersvorsorge mit entsprechenden steuerlichen Anreizen eingestuft werden. Schlussendlich bedarf es auch einer verbesserten Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um die Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt wirksam angehen zu können.

Über das Forschungsprogramm

Deutschland befindet sich derzeit in einem der gravierendsten Strukturwandel von Wirtschaft und Gesellschaft der letzten hundert Jahre, durch die Megatrends: Ökologische Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Sozio-Demografie, Urbanisierung und Staatliche Intervention. Dieser Strukturwandel löst tiefgreifende und langfristig wirkende Veränderungsprozesse bis in den Wohnungssektor aus. Deshalb stellt der unabhängige Immobilienkreditvermittler Baufi24 zusammen mit der Technischen Universität Darmstadt im Rahmen des umfassenden Forschungsprogramms „Transformation des Wohnens in Deutschland“ in insgesamt sechs Teilprojekten Megatrends, Veränderung der zukünftigen Wohnsituation privater Haushalte und Auswirkungen auf Wohnungsnachfrage und -angebot, regionale, qualitative und quantitative Verschiebung zwischen den Wohnungsmarktsegmenten sowie Auswirkungen auf die Stadt- und Regionalentwicklung dar. Einen Überblick über alle Studien finden Sie hier: Baufi24 Studien.

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Prof. Dr. Andreas Pfnür, Fabian Lachenmayer (Projektleitung), Valentin Liebhart, Yassien Bachtal

Andreas Pfnür, Fabian Lachenmayer, Valentin Liebhart und Yassien Bachtal (2024): So wohnen wir in Zukunft: Wie staatliche Interventionen das Wohnen verändern – Empirische Studie bei privaten Haushalten. In: Andreas Pfnür (Hrsg.), Arbeitspapiere zur
immobilienwirtschaftlichen Forschung und Praxis, Band Nr. 55, Technische Universität Darmstadt.
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